Originaltitel: "In Cold Blood" - Aus dem Amerikanischen von Thomas Mohr -Erschienen bei Kein & Aber - Mai 2007
Im November 1959 wird in Holcomb, Kansas, die vierköpfige Familie Clutter brutal ermordet. Wenige Wochen später werden die Täter Dick Hickock und Perry Smith auf der Flucht geschnappt. Truman Capoe erfährt aus der "New York Times" von dem Verbrechen und beschließt, am Tatort zu recherchieren. Er spricht mit Bekannten und Freunden der Familie, mit der Polizei. Schließlich erhält er Gelegenheit, mit den beiden Mördern zu reden. Mit der Zeit gelingt es ihm, so viel Nähe zu ihnen herzustellen, dass sie ihm präzise Innenansichten ihrer Seele erlauben. Fast sechs Jahre nach der Tat begleitet er sie bis an den Galgen.
Es hat länger gedauert, aber nun bin ich fertig. Und begeistert. "Kaltblütig" ist selbst für mich Krimi-Thriller-Nichtliebhaber fesselnd. Und schockierenderweise musste ich gerade nochmall nachgucken, ob es den Mord wirklich gegeben hat. Obwohl ich das weiß. Obwohl "Kaltblütig" ein Tatsachenroman ist, obwohl Truman Capote damit "ein neues literarisches Genre: die 'non-fiction novel', den Tatsachenroman" begründet hat. Obwohl ich letztes Jahr "Capote" gesehen habe und der Film die Arbeit von Truman Capote an diesem Buch zeigt. Trotzdem musste ich nochmal recherchieren. Weil das Buch zu echt wirkt. Zu viel weiß. Zu gut recherchiert ist. Und deswegen auch einfach nur im Kopf von Capote entstanden sein könnte. Ist aber nicht so. Und das finde ich sehr faszinierend, weil ich erst dachte, dass ein Tatsachenroman sehr eintönig werden könnte. Man hätte auch einfach eine Polizeiakte lesen können, dort stehen auch Fakten zum Fall der ermordeten Clutters. Aber Capote hat durch die Befragung unterschiedlicher, am Fall beteiligter Personen ein komplettes 360-Grad-Bild erschaffen. Alle kommen zu Wort. Die Polizisten, die Täter, die Familien der Täter, die Frau des stellvertretenden Sheriffs, in deren Küche Perry Smith während der Gerichtsverhandlung eingesperrt ist. Alle. Nur nicht die Clutters. Und auch Truman Capote selbst nicht. Erst ganz am Schluss wird ein Journalist erwähnt, mit dem sich Perry Smith angefreundet hat.
Wäre man gemein, würde man sagen, Truman Capote hat eine Nacherzählung geschrieben. Die kennt man aus der Schule, die waren immer schlecht. Aber irgendwie hat Truman Capote es geschafft, dass "Kaltblütig" nicht wie eine Nacherzählung wirkt. Das Buch ist zu detailliert dafür. Auch sprachlich hebt sich Truman Capote von einer simplen Nacherzählung ab. Nein, "Kaltblütig" ist nicht blumig oder schwer oder künstlich. "Kaltblütig" ist nüchtern geschrieben, ohne einfach oder langweilig zu wirken.
Nachdem ich vor "Kaltblütig" noch "Breakfast at Tiffany's" gelesen habe, bin ich nun voll drin im Truman-Capote-Fieber und hätte sehr gerne die Gesamtausgabe von Kein & Aber, weil die so schick ist. Und weil ich Truman Capote mag.
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