Dienstag, 13. Juni 2017

Für dich würde ich sterben von F. Scott Fitzgerald


Originaltitel: I'd Die for You - Aus dem amerikanischen Englischen von Gregor Runge, Andrea Stumpf und Melanie Walz - Erschienen bei Hoffmann und Campe - 2016 - Vielen lieben Dank für das Rezensionsexemplar!

Der Traum von Ruhm und Geld, die Mystifikation der Frau und der Liebe, rauschende Partys, Höhenflüge und Abstürze ins Bodenlose – das waren die Themen seines Lebens und seines Werks. Am Ende hatte F. Scott Fitzgerald, der umschwärmte Erfolgsautor, sein Publikum verloren. Kaum einer erinnerte sich an ihn, einen der bestbezahlten Story-Schreiber der zwanziger Jahre. Und kaum eine Zeitschrift wollte seine Erzählungen drucken. Man erwartete noch immer Geschichten über junge Liebende von ihm. Aber Fitzgerald wollte sich nicht beschränken. Änderungswünsche lehnte er meist vehement ab. So blieben viele Erzählungen bis heute unveröffentlicht. Nun erscheinen sie endlich – eine literarische Sensation.

Ich wiederhole mich gerne, wenn ich an dieser Stelle sage, dass meine literarische Liebe zu F. Scott Fitzgerald (und ebenso zu Zelda) groß ist. Auch wenn mich nach "Der große Gatsby" keine seiner Geschichten in diesem Maße begeistern konnte, so bin ich doch immer hingerissen vom Gefühl der Roaring Twenties, welches aus seinen Worten strömt.

Nun sind mit "Für dich würde ich sterben" 18 bisher unveröffentlichte Stories erschienen – 14 Erzählungen, 3 Exposés für Filme und ein Fragment. Was alle eint? Jede einzelne Arbeit wurde von den damaligen Redakteuren unterschiedlichster Zeitschriften abgelehnt. Sie entsprachen nicht dem, was man von Fitzgerald erwartet hat. Nämlich leichte, unterhaltsame Geschichten über die Liebe. In den Erläuterungen erfährt man von Herausgeberin Anne Margaret Daniel zu jeder einzelnen Geschichte den Grund für die Ablehnung, was diesen Band ganz besonders interessant gestaltet. 

Ich hatte es bereits bei "Neu im Bücherregal - Die April-Bücher 2017" angesprochen, die kürzeren Texte von Fitzgerald haben mich bisher nie so richtig begeistern können. Ein Beispiel dafür: "Die Straße der Pfirsiche", eine kurze Road-Novelle, bei der mir der Schwung fehlt. Dementsprechend skeptisch war ich bezüglich "Für dich würde ich sterben". 

Aber! Nun kommts!

Auch, wenn mich zugegebenermaßen nicht alle 18 Geschichten überzeugen konnten, so enthält diese Sammlung doch einen Großteil von wirklich eindrucksvollen Ideen, bei denen es schade ist, dass sie nicht weiterverfolgt wurden.

"Ich bin Verleger, ich verlege alles. Ich suche nach einem Buch, von dem ich fünfhunderttausend Exemplare verkaufen kann. Zur Zeit sind Romane mit übersinnlicher Wendung in Mode. Mir wäre ein Stoff von einem überzeugten Materialisten über ein wohlhabendes Klubmitglied und eine dunkle Ganovenbraut lieber, wenn ich die Wahl hätte – oder eine Liebesgeschichte. Liebe ist eine sichere Karte – zum Lieben braucht man einen lebenden Menschen." Aus: Spielschulden von F. Scott Fitzgerald, enthalten in "Für dich würde ich sterben", Seite 29

Bereits die erste Geschichte "Spielschulden" enthält mit dem Verleger, der auf ein sehr großes Problem mit einem seiner verlegten Bücher stößt, eine gar großartige Perspektive auf Fitzgeralds Kampf zwischen wirtschaftlichem Erfolg und künstlerischem Schaffen. 

"Die große Frage" und "Auszeit von der Liebe" spielen geschickt mit den Erwartungen der Redakteure und liefern zwar Liebesgeschichten, diese sind aber weder leicht, noch unterhaltsam (also – sind sie schon! Aber nicht auf eine leichte Art und Weise) und gefallen mir gerade aus diesem Grund ganz besonders. Und auch die Geschichten, die zu Serien werden sollten, wie "Die Perle und der Pelz", zeigen deutlich, welches erzählerische Talent Fitzgerald besitzt.

Ja, viele der enthaltenen Geschichten sind nur Skizzen, die aus wirtschaftlichen Beweggründen entstanden sind, die Fitzgerald vor dem finanziellen Ruin retten sollten. Vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum die Stories abgelehnt wurden – es fehlt die Leidenschaft, das Leben.

Fitzgerald ist immer dann am besten, wenn er für sich, über sich schreibt. Allein für diese Feststellung hat sich die Lektüre von "Für dich würde ich sterben" gelohnt. 

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