Vor fast einem Jahr gab es bereits einen ersten Blogeintrag zum Thema "Du studierst Buchwissenschaft? Was ist denn das?" und nachdem nun Semesterferien sind und meine verbleibende Studienzeit immer kleiner wird (in Worten: Noch ein Semester), dachte ich mir, könnte ich noch ein paar Worte zu den vergangenen zwei Semestern verlieren.
Als kleine Zusammenfassung des ersten Blogeintrags zitiere ich mich nun selber, um zu erklären, was man überhaupt im Studiengang Buchwissenschaft: Verlagspraxis macht:
In der Kurzversion erkläre ich das immer mit "BWL für Verlage"
Ich hatte ja bereits gesagt, dass prinzipiell das erste Semester beim Masterstudiengang Buchwissenschaft: Verlagspraxis das Praxissemester ist. Und ich hatte auch schon gesagt, dass die meisten entweder das Praktikum schon gemacht haben oder es erst nach dem zweiten Semester machen. Auf jeden Fall folgte bei mir nach dem ersten Semester das zweite Semester und damit die Kurse aus dem - zweiten Semester. Verrückt. Folgende Fächer habe ich besucht:
Projektmanagement
Die Aufgabe in diesem Kurs bestand darin, den Netzwerkabend der buchwissenschaftlichen Studiengänge zu organisieren. Meine Gruppe war die Dekogruppe und die Deko war fantastisch. Leider muss ich jetzt bei Papierkranichen immer irre kichern und ich weiß auch gar nicht, ob ich die überhaupt noch falten kann. Oder will. Ansonsten war der Netzwerkabend ganz nett. Als Organisator hält sich der Netzwerk-Aspekt etwas in Grenzen und der Raum war klimabedingt grenzwertig (Juni! Es war heiß! Der Raum befand sich unterm Dach! Und die Klimaanlage war defekt!), aber soweit ich das mitbekommen habe, hat es den Gästen gefallen.
Buch/Medienprojekt
In echt hieß das Blockseminar dann "Digitale Produkte entwickeln" und wir sollten spontanen Ideen zu digitalen Produkten weiterentwickeln und präsentieren. Schockierendweise hatte ich sogar eine spontane Idee. Irgendwas mit Leseproben-Wartezeit-Verkürzer - eine App mit Leseproben (in der weiteren Überlegung wurden daraus auch komplette Bücher), die man jeweils nur in der Wartezeit (zum Beispiel beim Arzt, in Zug, etc.) lesen kann, weil man sich dort in ein Netz einwählt und wenn man da nicht mehr ist, kann man nicht mehr weiterlesen (aber dann will man weiterlesen und dann kauft man das Buch. Jawohl). Falls jemand auf die Idee kommt, diese Idee zu klauen - ich habe mehrere Zeugen und Unterlagen, dass das meine bzw. unsere Idee war. Ha!
Redaktion und Lektorat
Mein Lieblingsseminar. Wir durften echte Manuskripte bzw. Auszüge aus den Manuskripten bearbeiten. Und haben gelernt, dass Lektoren nicht nur lesen, sondern quasi Projektmanager sind. Ich mochte das Seminar, weil die Dozentin sehr kompetent und direkt von und aus der Praxis erzählt hat. Die Prüfungsleistung bestand darin, einen Manuskript-Auszug zu lektorieren und dem Autor einen Brief zu schreiben. Lustigerweise ist das Buch kurz danach erschienen und der Auszug sieht komplett anders aus als in unserer Version. Und damit mein ich nicht kleine Änderungen, sondern große. Die Länder wurden vertauscht!
Urheber-, Verlags- und Medienrecht
Ich weiß jetzt, wen man wann verklagen kann! 70 Jahre nach dem Tod des Autors endet die Schutzfrist! Manchmal finde ich solche Rechtssachen ja ganz nett, weil man sie gut lernen kann und verstehen kann (in ihrem eigenen Rechtsuniversum). Aber Jurist möchte ich doch nicht werden.
Herstellung
Positiv: Am Ende des Semesters sind wir mit dem Kurs (bzw. mit den Leuten aus dem Kurs, die Lust hatten = 8) nach Regensburg zur Druckerei Pustet gefahren. Was lustig war, weil ich damals während meiner Ausbildung auch schon dort war. Nix hat sich verändert. NIX! Ist immer noch schön da.
Negativ: Ich hatte das Gefühl, dass sich der Kursinhalt ständig wiederholt hat. Wenn man ein Blatt Papier dreimal faltet, bekommt man 16 bedruckbare Seiten. Ja. Und es gibt verschiedene Papiersorten, aber dazu komme ich gleich noch einmal beim nächsten Kurs. Wenigstens war die Prüfungsleistung nicht so schlimm, ich hab eigentlich nur meine ganzen Mitschriften zusammengefasst und als Thesenpapier abgegeben.
Negativ: Ich hatte das Gefühl, dass sich der Kursinhalt ständig wiederholt hat. Wenn man ein Blatt Papier dreimal faltet, bekommt man 16 bedruckbare Seiten. Ja. Und es gibt verschiedene Papiersorten, aber dazu komme ich gleich noch einmal beim nächsten Kurs. Wenigstens war die Prüfungsleistung nicht so schlimm, ich hab eigentlich nur meine ganzen Mitschriften zusammengefasst und als Thesenpapier abgegeben.
Materialität des Buches
Dazu hab ich mir extra das Buch von Herrn Funke gekauft. Buchkunde! Wir mussten grüppchenweise Referate halten, meine Gruppe hatte das Thema Papier und ich das Unterthema Papiersorten. Dafür hab ich extra verschiedene Online-Druckereien angeschrieben, ob die mir Papierproben schicken können. Haben sie. Und so wurde mein Referatsteil zu einem "Show and Tell"-Erlebnis. Mit Anfassen! Bei der Hausarbeit (die einzige Hausarbeit, die ich während des Masterstudiums schreiben musste) hab ich mir ein anderes Thema ausgesucht. Lumpen! Lumpensammler! Und warum die armen Lumpensammler irgendwann verschwanden. Genannt hab ich die Hausarbeit "Papier wächst nicht auf Bäumen". Humorvolle Hausarbeitstitel - Kann ich.
Das waren die Pflichtfächer. Und weil ich unterbeschäftigt und fleißig und interessiert war, hab ich noch drei weitere Kurse besucht. Einmal eine Einführung in die neuere deutsche Literatur, um mal zu wissen, was Literatur überhaupt ist. Eine Vorlesung zu Geschlechterkonzeptionen in der skandinavischen Literatur des 19. Jahrhunderts - das war total interessant und Nora von Ibsen mag ich jetzt total gerne und irgendwann muss ich noch die ganzen Beauvoir-Bücher lesen, die in der Vorlesung als Literaturhinweis genannt wurden. Und dann noch einen Methodenkurs zur Buchwissenschaft, um zu lernen, welche Methoden und welche Theorien in der Buchwissenschaft so angesagt sind. Glücklicherweise habe ich dieses Seminar besucht, denn man könnte quasi sagen, dass dort der Grundstein für meine Masterarbeit gelegt wurde. Aber dazu gleich.
Das war also das 2. Semester. Meiner Meinung nach eindeutig besser als das 1. Semester. Es gab zwar immer noch einige Dinge, die ich organisationstechnisch nicht ganz verstehe, aber so ist wohl jedes Studium.
Nach dem 2. Semester folgt das 3. Semester und eigentlich hätte ich bereits im Herbst meine Masterarbeit beginnen können, weil ich alle Pflichtveranstaltungen besucht und mein Praktikum absolviert habe. Ich wollte aber nicht. Erstens hatte ich keine Ahnung, über was ich schreiben könnte. Zweitens wollte ich die vorgegebene Studienzeit von vier Semestern ausnutzen. Und das tat ich auch. Ich habe im letzten Semester freiwillig acht Kurse besucht: einen Französischanfängerkurs (weil gratis Sprachkurse muss man mitnehmen, solange man kann), eine Gender-Vorlesung (die nur durch den gemeinsamen Besuch mit meinem Bruder erträglich wurde), ein Seminar zu Büchner-Preisreden (Reden sind irgendwie sehr interessante Texte. Lest mal mehr Reden!), ein Seminar zur Buchbranche im 1. Weltkrieg (allein schon für die Geschichtsnachhilfe hat sich der Kurs gelohnt), ein Seminar zu Buch und Werbung (voll gut! Überall ist Werbung! Überall sind Bücher!), ein Blockseminar zu wissenschaftlichen Editionen (sollte meiner Meinung nach eigentlich ein Pflichtkurs sein, weil wissenschaftliche Editionen total spannend und komplett anders als andere Bücher sind), ein Blockseminar zum Online-Buchhandel (wie gut mein Referat war, bei dem ich einfach nur Social-Media-Seiten von Verlagen gezeigt habe) und das Blockseminar zur Masterarbeit (als Vorbereitung und Inspirationsquelle für meine Masterarbeit).
So ein freiwillig-selbstausgesuchtes Semester ist auch mal ganz nett, aber ich bin nun auch froh, dass es vorbei ist, weil irgendwann auch die Motivation abhanden kommt, wenn man nichts machen muss.
Nun steht also das 4. und damit letzte Semester vor der Tür. Ab März schreibe ich meine Masterarbeit. Und ich bin über mich selbst überrascht, aber ich hatte bereits im Dezember eine erste Themenidee, die sich zwar nun weiterentwickelt hat, aber in den Grundzügen hat sich das Thema nicht verändert. Es geht um Briefwechsel. Meine eigentliche Idee war es, zu untersuchen, ob es Unterschiede in den Briefwechseln zwischen weiblichen Autoren und Verlegern und männlichen Autoren und Verlegern gibt. Ich hab schon Tagträume entwickelt, wie ich im Siegfried-Unseld-Archiv nach Briefen forsche (und reich und berühmt werde, weil ich bisher unentdeckte Briefe entdecke). Der Arbeitsaufwand wäre hier aber relativ hoch gewesen - zu hoch für eine Masterarbeit. Aber meine Betreuerin hat mir einen Aufsatz empfohlen, den wir bereits im Methodenkurs gelesen haben. Und wenn man den Aufsatz genauer liest, dann schreibt der Autor quasi "Hallo! Guckt mal! Ne Forschungslücke!" und ja. Diese Forschungslücke wird nun mein Thema. Ich werde den Briefwechsel zwischen Carl Zuckmayer und Gottfried Bermann Fischer und den beiden Ehefrauen lesen. Und dann hoffentlich Dinge herausfinden.
Und wenn dann alles gut geht und Juli ist, dann bin ich mit der Masterarbeit fertig. Und mit dem Studium. Und werde dann bestimmt wissen, was ich danach machen möchte. Ganz bestimmt.
5 Kommentare:
Hallo Marina,
also das hört sich ganz interessant an, was du da so die letzten drei Semester so getrieben hast. Aber auch irgendwie ziemlich gechillt, wenn ich da an meinen Master denke. Ich hatte kaum Zeit um zu schlafen, so wurden wir mit Arbeit und Praktikas zugeschüttet.
So ein freiwilliges Semester ist natürlich echt was feines. Neue deutsche Literatur aber auch Redaktion und Lektorat würde ich mir auch anhören.
Da wünsch ich dir alles Gute für deine Masterarbeit. Und du musst uns auf den Laufenden halten, was du danach machst. Mit der Ausbildung dürftest du doch bestimmt schnell in einem Verlag als Lektorin landen!?
Liebe Grüße
Tobi
Oh ja, aufwandsmäßig war der Master bisher wirklich nicht so schlimm. Also, phasenweise dann schon, aber insgesamt hielt es sich immer in Grenzen. Da hab ich im Bachelor mehr machen müssen.
Maaann, dein Studium klingt so interessant! Hab gerade noch schnell den ersten Teil verschlungen.
Ich wollte damaaaals nach dem Abi Buchwissenschaft und Literaturwissenschaft in Mainz studieren. Leider war mein Abi zu schlecht und ich wurde nicht angenommen. Am Ende wurde dann Germanistik draus, denn das war zulassungsfrei.
Ich glaube, mit den BWL-Kursen hätte ich wohl so meine Probleme gehabt. Und es wirkt so, als würdet ihr euch recht wenig mit Literatur an sich beschäftigen und das würde ich wohl schon irgendwie vermissen. Allerdings finde ich es großartig, wie praxisorientiert dein Studiengang ist. In meinem Master ist nicht mal ein Praktikum Pflicht. Es gibt auch kaum praxisorientierte Veranstaltungen. Die einzig interessante Vorlesung in diese Richtung hatte ich dieses Semester: "Germanistik und Beruf". Da waren einige Germanisten und die haben erzählt, was sie so beruflich machen. War echt cool.
Übrigens waren da zwei nette junge Herren vom KiWi-Verlag, die erzählt haben, dass sie so eine App wie du sie beschrieben hast, entwickelt haben!"Schöner Warten" heißt die. Also wird das wohl nix mit deiner Geschäftsidee ;)
Ich musste während meines Masters übrigens jedes Semester eine 30-seitige Hausarbeit schreiben. Naja, eigentlich nur 3. Bei einem Seminar hatte ich Glück und durfte eine Klausur schreiben.
Und mein Masterarbeitsthema ist seit gestern auch etwas konkreter...
Weißt du denn schon, in welche Richtung du nach dem Studium gehen willst? Dein Studium scheint ja jeden Bereich abzudecken, aber kann man auch einen konkreten Schwerpunkt setzen, wenn man beispielsweise nur im Marketing arbeiten möchte?
Mein Problem mit dem Studium ist die komplette Ignorierung der Literatur. Dadurch, dass man den Master mit fast allen Bachelorstudiengängen machen kann, mag das für Germanisten/Literaturwissenschaftler okay sein, mir fehlt das aber sehr. Dafür haben die Germanisten/Literaturwissenschaftler den Nachteil, dass sie mit einem BWL-Seminar nicht plötzlich BWL können.
Deswegen fände ich es besser, wenn man im ersten Semester Kurse aus dem Bereich wählen könnte, den man im Bachelorstudium nicht hatte. In meinem Fall Literatur, bei Germanisten BWL. Dann wären im zweiten Semester alle auf einem "vergleichbaren" Stand.
Die Praxisorientierung ist gut, bedeutet aber eben auf der anderen Seite, dass wir keine wissenschaftlichen Methoden lernen - aber jetzt plötzlich 80 Seiten Masterarbeit schreiben sollen.
Das mit dem Schwerpunkt setzen wird schwierig, weil wir quasi gar keine Wahlmöglichkeiten bei den Seminaren haben. Und es gibt leider auch Bereiche, die bei uns gar nicht vorkommen. Lizenzen zum Beispiel.
Ah, jetzt hab ich wieder mein Studium so schlecht geredet. Also - ich mag das alles prinzipiell schon, aber es gibt einige Punkte, die nicht so gut sind und ich weiß noch nicht ganz, ob sich das Studium für mich wirklich gelohnt hat, weil sich die Inhalte sehr mit dem überdecken, was ich in der Ausbildung und im Bachelorstudium schon gelernt habe.
Ich glaube, es gibt einfach nicht DAS Studium, wenn man im Verlagswesen arbeiten möchte. Dein Studium scheint sehr praxisorientiert, beschäftigt sich vielmehr mit dem Buch als Produkt. Dabei geht dann leider das verloren, was Bücher nun mal auch sind: Literarur. 4 Semester sind eine kurze Zeit, da bleibt nichts anderes übrig, als alles mal anzureißen.
Und mein Studium ist leider komplett wissenschaftlich. Ich hab auch keine Möglichkeit, einen Schwerpunkt zu setzen und musste alle Bereiche der Germanistik gleichwertig abdecken. Nur für die Masterarbeit kann ich mir dann natürlich einen Bereich aussuchen. Im Bachelor hatte ich immerhin ein Pflichtpraktikum und 2 Praxisseminare. In dem einen haben wir sogar ein Buch veröffentlicht und das war so eine coole Sache.
Der Master war also an sich eher sinnlos, denn beruflich hat er mich null weitergebracht... und fachlich auch nicht unbedingt.
Aber wenn ich teilweise in Stellenanzeigen lese, dass ein guter bis sehr guter Master-Abschluss verlangt wird, bin ich doch ganz froh, dass ich die 2 bzw. 2einhalb Jahre durchgezogen habe.
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