Sonntag, 29. September 2019

All das zu verlieren von Leïla Slimani



Originaltitel: Dans le jardin le l’ogre - Aus dem Französischen von Amelie Thoma - Erschienen bei Luchterhand - Herzlichen Dank für das Rezensionsexemplar! 

Nach außen hin führt Adèle ein Leben, dem es an nichts fehlt. Sie arbeitet für eine Pariser Tageszeitung, ist unabhängig. Mit ihrem Ehemann, einem Chirurgen, und ihrem kleinen Sohn lebt sie in einem schicken Viertel, ganz in der Nähe von Montmartre. Sie reisen, sie fahren übers Wochenende ans Meer. Dennoch macht Adèle dieses Leben nicht glücklich. Gelangweilt eilt sie durch die grauen Straßen, trifft sich mit Männern, hat Sex mit Fremden. Sie weiß, dass ihr die Kontrolle entgleitet. Sie weiß, dass sie ihre Familie verlieren könnte. Trotzdem setzt sie alles aufs Spiel.

Nach "Dann schlaf auch du" und "Sex und Lügen" ist dies hier nun mein drittes Buch der Autorin Leïla Slimani, die mich immer wieder mit ihren nüchternen Szenarien, die so gewöhnlich wie außergewöhnlich sind, fasziniert. 

In "All das zu verlieren" erzählt Slimani die Geschichte einer Frau, die mit ihrer Familie in Paris lebt und das scheinbar perfekte Leben führt. Doch wie so oft trügt der Schein und Adèle entflieht der Monotonie, indem sie Sex mit fremden Männern hat. Süchtig, wahnhaft eilt sie von einem zum nächsten, will mehr, will viel mehr als Sex ihr geben kann. 

Selbstverständlich wird sie irgendwann erwischt, doch ihr Mann verlässt sie nicht, sondern hat eine viel schlimmere Strafe für Adèle vorbereitet. Doch ob ein Haus auf dem Land seine Frau wirklich von der angeblichen Sex-Sucht heilen kann?

Ja, die Geschichte um Adèle ist vorhersehbar – wenn selbst der Klappentext von einer "modernen Madame Bovary" spricht. In "All das zu verlieren" wird aber nicht sittsam mit der Kutsche gefahren, sondern wir Leser*innen bleiben als Voyeur*innen während jeder Sex-Szene anwesend. 

Was das Buch aber so reizvoll macht, ist der klare Blick, den Slimani auf die alltäglichsten Begebenheiten wirft, sodass daraus ein berauschendes Kleinod wird. Erzählerisch gefällt mir "Dann schlaf auch du" wesentlich besser, weil es sich mehr traut. Wer also noch nichts von Leïla Slimani gelesen hat, fängt lieber damit an. "All das zu verlieren" kann man danach als kleinen Horsd’œuvre zu sich nehmen. 

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