Mathilde, eine junge Elsässerin, verliebt sich am Ende des Zweiten Weltkriegs in Amine Belhaj, einen marokkanischen Offizier im Dienst der französischen Armee. Die beiden heiraten und lassen sich in der Nähe von Meknès nieder, am Fuß des Atlas-Gebirges, auf einem abgelegenen Hof, den Amine von seinem Vater geerbt hat. Während er versucht, dem steinigen Boden einen kargen Ertrag abzutrotzen, zieht Mathilde die beiden Kinder groß. Voller Freiheitsdrang hatte sie den Aufbruch in ein neues, unbekanntes Leben gewagt und muss doch bald ernüchternde Erfahrungen machen: den alltäglichen Rassismus der französischen Kolonialgesellschaft, in der eine Ehe zwischen einem Araber und einer Französin nicht vorgesehen ist, die patriarchalischen Traditionen der Einheimischen, das Unverständnis des eigenen Mannes. Aber Mathilde gibt nicht auf. Sie kämpft um Anerkennung und ihr Leben im Land der Anderen.
Ein neues Buch von Leïla Slimani! Nach "All das zu verlieren" war meine Freude groß, eine weitere Geschichte aus der Feder der französisch-marokkanischen Autorin zu lesen.
"Das Land der Anderen" erzählt von Mathilde, die Ende der 40er Jahre der Liebe wegen Frankreich verlässt und ihrem Mann nach Marokko folgt. Dort versuchen Mathilde und Amine den Hof der Familie zu bewirtschaften, eine Familie zu gründen und Fuß zu fassen in einem Land, welches geprägt ist von Unruhen gegen die französische Kolonialherrschaft.
Zwischen Frankreich und Marokko, zwischen der Medina in Meknès und dem Leben auf einem abgelegenen Hof am Fuße des Atlas-Gebirges, zwischen Christentum und Islam, zwischen Rassismus, Kolonialmacht und Patriarchat entwickelt Leïla Slimani eine Familiengeschichte voller Spannungsfelder. Und so sehr mich die Hintergründe dazu interessiert haben, so kalt haben mich die Protagonist*innen gelassen.
Denn in "Das Land der Anderen" folgen wir als Leser*innen nicht nur Mathilde, sondern auch zahlreichen anderen Protagonist*innen, die sich zu Wort melden. Die vielen unterschiedlichen Perspektiven, die oft sprunghaft wechseln, haben bei mir dafür gesorgt, dass ich mit keiner einzigen der Figuren mitfühlen konnte. Dabei bringen beispielsweise Amine oder Aïcha, die Tochter von Mathilde und Amine, interessante neue Gedankengänge in die Geschichte, nur bleibt es dabei immer nur bei einer kurzen Stippvisite, bevor es direkt mit einer anderen Figur weitergeht.
Dazu kommt, dass die Liebesgeschichte zwischen Mathilde und Amine das ganze Buch hinweg sehr farblos und kalt bleibt. Anscheinend muss das einmal die große Liebe auf den ersten Blick gewesen sein, als sich Mathilde und Amine in Frankreich begegneten. Doch dann? Die Gefühle verpuffen im Alltag und doch behauptet Slimani, dass die beiden immer noch leidenschaftlich füreinander brennen. Wie genau das aber aussieht, das bleibt im Dunkeln.
Und so ist "Das Land der Anderen" für mich ein Roman, der viel möchte, aber an seinen eigenen Ansprüchen scheitert. Die große Familiensaga ist vielleicht doch manchmal zu groß. Sprachlich ist es dennoch eine große Freude Slimani zu lesen. Nur würde ich hier weiterhin eher "Dann schlaf auch du" empfehlen.
2 Kommentare:
Liebe Marina
"Dann schlaf auch du" hat mich ebenfalls begeistert und nun möchte ich bald wieder einmal etwas von Slimani lesen. Schade, dass dich "Das Land der Anderen" nicht komplett überzeugen konnte. Solche Kritiken habe ich schon einige Male gelesen.
Trotzdem möchte ich bald wieder etwas von Slimani lesen. Kannst du denn "Sex und Lügen" empfehlen?
Alles Liebe
Livia
Ach, cool. Schön, dass dir "Dann schlaf auch du" auch gefallen hat. "Sex und Lügen" ist sprachlich doch ein bisschen anders als die anderen Bücher von Slimani, aber aufgrund der vielen unterschiedlichen Erzählungen von marokkanischen Fragen sehr spannend.
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