Was bindet Menschen aneinander? Existiert eine größere Freiheit als die Freiheit zu lieben? Wie viel Unfreiheit ertragen wir im Tausch gegen Gesundheit? Wer sind wir, wenn niemand sich mehr an die Welt unserer Kindheit erinnert? Was würden wir tun, um die zu schützen, die wir lieben? Was passiert mit uns, wenn wir dazu nicht mehr in der Lage sind? Und was sind wir bereit zu verdrängen, um an das irdische Paradies zu glauben? Der neue Roman von Hanya Yanagihara ist eine Aufforderung, eine Zumutung, ein Meisterwerk menschlicher Gefühle. Indem sie die Schicksale von drei Menschen aus drei Jahrhunderten in einem einzigen Haus zusammenführt, kann sie von beinahe allem erzählen, worüber sich heute zu erzählen lohnt.
Da ist es nun. Das Buch, auf das die Blog-Szene so lange gewartet hat. Der neue Roman von Hanya Yanagihara. Was kommt da nach »Ein wenig Leben«, einem der intensivsten Bücher, die ich je gelesen habe? Das sei an dieser Stelle schon einmal verraten: »Zum Paradies« muss den Vergleich mit dem großen Vorgänger nicht scheuen.
Hanya Yanagihara erzählt in »Zum Paradies« nicht nur eine, sondern gleich drei einnehmende Geschichten, die zu drei unterschiedlichen Zeiten und in drei unterschiedlichen Welten spielen. Zentrum aller Geschichten ist ein Haus am Washington Square. Und es geht um nicht mehr und nicht weniger als das Leben an sich.
Jede einzelne der drei Geschichten ist so herausragend ausgearbeitet, dass ich nach dem jeweiligen Ende traurig war, die Protagonist*innen schon wieder verlassen zu müssen. Und gleichzeitig war ich voller Neugier, wie sich die nächste Geschichte entwickeln wird, welche Überschneidungen und kleinen Anspielungen die Autorin eingebaut hat, um die Geschichten miteinander zu verweben.
»Zum Paradies« wird getragen von den Protagonist*innen, die Yanagihara mit so viel Liebe zum Detail zum Leben erweckt wie nur wenige Autor*innen es können. Darin liegt für mich die große Stärke von Hanya Yanagihara. Hinzu kommen drei interessante Interpretationen unserer Welt, die sich durch ganz eigene Facetten auszeichnen. Insbesondere die dystopische Zukunftsversion in der dritten Geschichte hat gerade jetzt einen bitteren Beigeschmack und lässt mich mit der Frage zurück, wie sehr die aktuelle Pandemie das Schreiben der Autorin geprägt hat.
Über 890 Seiten füllt Hanya Yanagihara mit Leben und der im Hintergrund immer schwebenden Frage, was das Paradies eigentlich ausmacht. Dabei verliert sie sich aber auch ein wenig in der Vielzahl an Charakteren und Lebensgeschichten. Ein Umstand, auf den man sich als Leser*in einlassen muss. Doch ich verzeihe die kleineren Schwächen, die sich für mich insbesondere in der zweiten Geschichte gezeigt haben, gerne. Denn »Zum Paradies« beschenkt die Leser*innen mit dem, was für mich ein gutes Buch ausmacht – stundenlanges Eintauchen in andere Leben mit neuen Perspektiven auf das eigene Leben.
Ich bin schon sehr gespannt, wie das Buch bei anderen Leser*innen ankommt. Habt ihr »Zum Paradies« schon gelesen? Welche der drei Geschichten hat euch am besten gefallen?
2 Kommentare:
Liebe Marina
Weil ich bodenlos enttäuscht und wütend "Ein wenig Leben" gelesen habe und mich einfach nicht mit dieser stümpferhaft erzählten Geschichte - die mit wenigen aber grandios geschriebenen Lichtblicken auskommt - anfreunden konnte, habe ich bisher kein weiteres Buch der Autorin gelesen. Ich kann mir aber vorstellen, dass evtl. "Zum Paradies" genau das ist, was mir vielleicht zusagen könnte. Evtl. werde ich es mit einer Leseprobe versuchen und auf jeden Fall die Augen nach dem Buch offen halten. Vielleicht begegnet es mir ja irgendwo gebraucht.
Liebe Grüsse und vielen Dank fürs Neugierigmachen
Livia
Hallo Livia!
Ja, ich glaub, da hilft die Leseprobe ganz gut weiter, um einen Eindruck vom Schreibstil zu kriegen. Die Geschichte ist komplett anders als »Ein wenig Leben«, ich würde sagen, bei »Zum Paradies« geht es mehr um die Welt an sich und nicht um Einzelschicksale.
Mal sehen, ob es vielleicht was für dich ist :)
Liebe Grüße
Marina
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